: Damaskus und Homs Februar 2025

Damaskus und Homs Februar 2025

»Unter Assad hatten wir keine Hoffnung – Jetzt warten wir auf die Hoffnung« (Taxifahrer)
Impressionen aus Syrien nach der Vertreibung des Diktators Baschar al-Assad und der eingesetzten Übergangsregierung unter Führung von Ahmed al-Scharaa

Zwei Monate nach dem Sturz von Baschar al-Assad in Syrien begleitete ich den Islamwissenschaftler Hammoud Hamoud nach Homs und Damaskus. 14 Jahre lebte er in der Hauptstadt Syriens, bevor er 2015 mit Hilfe von »Reporter ohne Grenzen« mit seiner Frau Sumayya über Beirut im Libanon das Land verließ und in Berlin eintraf. Nach ihrer Zeit in einem kleinen Zimmer einer Flüchtlingsunterkunft, bekam das junge Paar eine Wohnung zugewiesen. Einige Wochen später lernten wir uns kennen. Eine Nachbarin hatte mich gefragt, ob ich bereit sei, einmal in der Woche mit ihnen Deutsch zu sprechen.

Sumayya hat in der syrischen Stadt Homs Bauingenieurin studiert und in Kairo zwei Jahre ihren Master in Wasserwirtschaft erworben. Beide Abschlüsse wurden von den deutschen Behörden akzeptiert. Auf Fotos in Kairo sieht man sie mit ihrer Freundin, die ein Kopftuch trägt und ihre Kleidung bis zum Hals geschlossen. Neben ihr Sumayya mit dunklen, langen lockigen Haaren. Sie trägt ein ausgeschnittenes Shirt. Es war die Zeit kurz nach dem »Arabischen Frühling« als Anfang 2010 eine Serie von Protesten, Aufständen und Revolutionen in der arabischen Welt stattfanden, auch in Ägypten.

Hammoud hatte in Beirut am Deutschen Orient-Institut gearbeitet. Und als Islamwissenschaftler bereits Aufsätze in libanesischen Zeitschriften veröffentlicht und auch Bücher publiziert. Aber seine Qualifikationen wurden in Deutschland nicht anerkannt, weil er den Nachweis seiner Abschlüsse nicht erbringen konnte. Seine Abschlusszeugnisse aus Syrien befanden sich in Aleppo, wo er nicht mehr hin konnte. Hammoud jedoch hatte ein Ziel. Stand jeden Morgen um fünf Uhr auf, lernte Deutsch, bis er die Deutsche Sprachprüfung für den Hochschulzugang (DSH) erfolgreich abgelegt hatte, als Voraussetzung für die Aufnahme an der Universität.
Ich unterstützte ihn, die Fallstricke der deutschen Bürokratie leichter zu überwinden: beim Bafögamt, bei Anträgen auf Studienförderung bei Stiftungen, später bei der Beantragung der Förderung für die Promotionszeit durch die Studienstiftung des deutschen Volkes. Schon lange hatten Professoren die Qualifikationen ihres Studenten erkannt und ihn an der Universität auf seinem Weg unterstützt und begleitet. Im August 2024 feierten wir mit Hammoud nach der Verteidigung seiner Doktorarbeit, die er mit cum laude abschloss, mit syrischen Freunden, Nachbarn und Bekannten, seinen Doktortitel.

Seit neun Jahren bin ich mit Hammoud und Sumayya befreundet. Meine Frau Claudia und ich durften in der Geburtsklinik ihre kleine Tochter Sophia im Dezember 2016 als erste kennenlernen.
Während unserer gegenseitigen Besuche in Berlin begann ich nicht nur die syrische Küche kennen und schätzen zu lernen. Aus fachkundigem Munde lernte ich viel über die unterschiedlichen Interessengruppen in Syrien: Alawiten, Schiieten, Sunniten, Christen, Drusen, Kurden.

Als 2011 der Arabische Frühling auch die jungen, linken Intellektuellen in Syrien ergriff, und sich sunnitische Gruppen im Kampf gegen die seit 40 Jahren herrschende alawitische Assad Dynastie zu bewaffnen begannen, wurde die Opposition durch den diktatorisch herrschenden Präsidenten Baschar al-Assad mit Hilfe der schiitischen Mullahs im Iran und der russischen Armee Putins brutal niedergeschlagen. Von Sunniten bewohnte Stadtteile in Damaskus, Aleppo und Homs von Assads Armee mit Hilfe russischer Bomber zerstört. Baschar al-Assad schreckte nicht davor zurück, Giftgas gegen die eigenen Bevölkerung einzusetzen. Sunnitische Gebiete in der Größe von Brandenburg wurden in Schutt und Asche gelegt.

Bei meinen vielen Treffen mit Hammoud sprach er immer wieder einen Wunsch aus: »Ich möchte Dir Damaskus zeigen, die älteste Stadt der Welt.« Keiner von uns ging davon aus, dass wir das zusammen erleben könnten. Plötzlich wurde innerhalb einer Woche durch einen Zusammenschluss bewaffneter sunnitischer Milizen unter Führung von Achmed al-Scharaa die 54 Jahre dauernde Herrschaft der alawitischen Familie Assads beendet. Baschar al-Assad flüchtete nach Russland. Die Milizionäre befreiten Oppositionelle aus den Gefängnissen und fanden furchtbare Zustände darin vor.

Zwei Monate nach der Befreiung Syriens von Baschar al-Assad flog ich mit Hammoud von Berlin nach Beirut. Auf dem Flughafen wurden wir erwartet. Eine Freundin Hammouds hatte ein Taxiunternehmen im Libanon vermittelt, das Kunden direkt vom Flughafen in Beirut über die Grenzstation Masnaa nach Damaskus bringt.