Volker Dittrich: »Es ist nichts weiter wie mein Leben« Lutz Voigtmann (*1941 †1997)

Volker Dittrich
»Es ist nichts weiter wie mein Leben« Lutz Voigtmann (*1941 †1997)

Filmporträt, 1996/97, Öffentliche Aufführung in der Neuen Sächsischen Galerie, Chemnitz, 1997

Buchbeschreibung

Plätze, Häuser, Straßenzüge und Landschaften sind die immer wiederkehrenden Motive in der Malerei von Lutz Voigtmann. Seine Bilder sind geheimnisvolle Porträts, magisch und sehnsüchtig. Sie bleiben in Erinnerung, lassen nicht mehr los. Nach dem Besuch im Atelier von Lutz Voigtmann sah ich die Stadt anders, die Landschaft bewusster und mit erweitertem Blickfeld. Die Gemälde des Künstlers halten Vergangenes fest, wollen bewahren, spiegeln Werte wider, spüren Gegensätze auf, lassen neu und alt aufeinanderprallen und legen Zeugnis ab von der Möglichkeit einer Einheit von menschlichen Bauwerken und Natur. Voigtmann verzichtet fast gänzlich auf figurative Elemente in seinen Bildern. Sie sind nur Beiwerk. Die Bauwerke und Landschaften sind seine Botschaften über die Menschen.

Pressestimmen

»Die Vielzahl der Motive, ein reiches Angebot unterschiedlicher Bildwelten zeigen die Begabung dieses Landschaftsmalers. Die Faszination, durch seine Form- und Farbfindung und den delikaten Oberflächenreiz bedingt, erleichtert die sinnliche Wahrnehmung. Dazu kann sich Nachdenklichkeit einstellen. Lutz Voigtmanns Werke leben von diesem Wechselverhältnis zwischen Sinnlichkeit und Rationalität.«

Ursula Maischak, Freie Presse, Karl-Marx-Stadt, 23. Januar 1981

Lutz Voigtmann – Realist zweifellos, Impressionist sicher auch, aber mit seiner Eigenart ein Einzelgänger unter den Malern der DDR, und unverwechselbar deshalb. Ein Maler, der zu keiner Schule gehört, und der auch keine Schule machen wird. Kein stürmischer Neuerer, kein Experimentator, deiner der heftig an der Wirklichkeit reißt, um ihr neue Einsichten abzugewinnen. Keiner in der formalen Vielfalt der bildenden Kunst des 20. Jahrhunderts hektisch oder verzweifelt nach einer noch unentdeckten Nische sucht, um seine Origanilität zu beweisen und marktfähig zu machen. Er nennt sich selbst einen ›verhältnismäßig alten und konservativen Maler‹.
Aber wer Voigtmann-Bilder einmal intensiver in ihrer Eigenart gesehen und erfaßt hat, wir sie auf jeder Ausstellung oder wo immer er ihnen begegnen könnte, sogleich wiedererkennen. Das ist nur von Werken hervorragender Künstler zu sagen.

Erasmus Schöfer, atelier zeitung, Köln, Mai 1986

»In warmen Farben hält Voigtmann realistische Impressionen seiner Reisen durch die UdSSR, den Irak oder das eigene Land fest. Dabei sieht er genau hin und deckt Widersprüche unspekulativ auf. …
Der Kontrast von Alt und Neu – die romantischen Gemäuer bedrohlich aufragender Betonssilos auf den Hügeln – bestimmen auch das Bild ›Quo vadis city‹. Zivilisationskritik unaufdringlich und dennoch unübersehbar, nicht aggressiv, aber bestimmt: Lutz Voigtmann weiß diese Waage erstaunlich sicher zu halten.

Emmanuel van Stein, Kölner Stadtanzeiger, 27. Juni 1986

»Vernissage und Katalog sollte der schwerkranke Lutz Voigtmann nicht mehr miterleben, wurde doch die Ausstellung ›Stadt- und Landschaftsporträts‹ aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes vom Herbst auf den 22. Juli vorverlegt. Seine Vorbereitungen führten der langjährige Schriftstellerfreund Volker Dittrich aus Köln sowie der Chemnitzer Maler Christian Lang zu Ende. Dieser stellte anläßlich der Vernissage eine limitierte Auflage einer Radierung Voigtmanns her.
Und so bekamen die unerwartet zahlreichen Besucher 34 Ölgemälde sowie vereinzelte Grafiken des von Werner Ballarin als Stadtportaitisten bezeichneten Voigtmann zu sehen. Unter ihnen befand sich die Schriftstellerin Eva Strittmatter. … Eva Strittmatter stolze Besitzerin zahlreicher Radierungen und Ölgemälde Voigtmanns: ›Ich habe eine tiefe, innere Beziehung zu seinen Werken, bin von der völligen Verschmelzung von Farbe und Poesie hingerissen.‹
Voigtmann, Jahrgang 1941, wurde in Kostritz bei Leipzig geboren, war seit 1967 in Karl-Marx-Stadt tätig und bis 1974 Erster Maler bzw. Leiter des Malsaals der Städtischen Theater, ab 1974 freischaffend. Seine letzten Lebensjahre arbeitete er zurückgezogen im Atelier in Leukersdorf, wo er Eindrücke und Skizzen seiner zahlreichen Studienreisen verarbeitete. In Vorwendezeiten führten ihn diese nach Mittelasien, Georgien, Armenien, Aserbaidschan. Später war er auch in Venezuela, Frankreich, Tunesien und Mexiko unterwegs. Voigtmann bringt seine Faszination von der Schönheit der Landschaft in seinen Gemäden immer wieder zum Ausdruck.«

Katja Krackau, Freie Presse, 24. Juli 1997

»Es ist die jedermann sichtbare Realität, der Lutz Voigtmann in seinen Bildern huldigt.
Realität: Das sind ihm vorrangig Motive der Großstadt, sind Kontraste zwischen Altbausubstanz, die eine eigenartige stille Wärme ausstrahlt, und der Sachlichkeit heutiger Neubauten, sind Straßen und Brücken, Fabrikschornsteine, Rohrleitungen und das Gitterwerk stählerner Masten. Zu der von ihm bevorzugten Realität gehört aber auch die von Generationen schaffender Menschen bebaute und geformte Siedlunglandschaft am Rande der Städte. Und es gehören Großbaustellen dazu, wo Lutz Voigtmann im Chaotischen, Amorphen der durchwühlten Erde das künftige Aussehen dieser Landschaft anzudeuten vermag. Rein Ländliches hingegen findet seltener Interesse, und schöne Aussichten oder gar Idyllisches erscheinen ihm suspekt.«

Karl Blix, Ausstellungskatalog Städtische Kunstsammlung Karl-Marx-Stadt 1978